Über Moskau ins Kurland

Ritterkreuzträger Georg Bleher erzählt

Georg Bleher ist Jahrgang 1919. In diesem Buch erinnert er sich an die prägendste Zeit seines Lebens.

Im Sommer 1940 wurde Bleher in die Deutsche Wehrmacht eingezogen. Nach der Grundausbildung und der Zeit als Besatzungstruppe in Belgien stand er von 1941 bis 1945 vier Jahre lang im Krieg gegen Rußland.

Bleher erlebte als Gruppenführer den deutschen Vormarsch im Jahr 1941, die Schlacht um die sowjetische Hauptstadt und die folgenden Abwehrkämpfe im Mittelabschnitt der Ostfront. Er bewährte sich dabei bald als erfahrener Späh- und Stoßtruppführer und wurde als Unteroffizier zum Kompanietruppführer ernannt.

Nach seiner Kommandierung zur Offiziersausbildung kehrte Bleher im Sommer 1944 als Leutnant zur 205. Infanteriedivision an den Nordabschnitt der Ostfront zurück. Als Bataillonsadjutant erlebte er den Zusammenbruch im Osten und bewährte sich mehrfach in den gewaltigen Materialschlachten im Kurlandkessel. Für seinen persönlichen Einsatz wurde Georg Bleher mit dem Deutschen Kreuz in Gold und dem Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet.

Das Kriegsende erlebte er in einem Lazarett in Süddeutschland. Es folgten zwei bittere Jahre in französischer Kriegsgefangenschaft.  

ISBN 978-3-00-024120-8

4. überarbeitete Auflage

211 Seiten, 115 bisher unveröffentlichte Fotos und Abbildungen, Hardcover, gebunden

19,90 Euro zzgl. Verpackung und Versand.

 

Auszug aus dem Inhalt

"...

Unvergessen von vielen Kampfeinsätzen verbleibt mir der 22. Juni 1941, der erste Tag des Krieges gegen die Sowjetunion.

Am Abend des 21. Juni stand meine Kompanie feldmarschmäßig angetreten auf einer Waldlichtung außerhalb des Dorfes unserer bisherigen Unterkunft im Raume Suwalki. Auf einem rassigen Reitpferd kam unser damaliger Kompaniechef, der Hauptmann Engelhardt, angeritten und nahm Meldumg vom Führer des I. Zuges, einem Leutnant, entgegen. Daraufhin kam das Kommando des Kompaniechefs: "Mit scharfer Munition Laden und Sichern!"

Ich höre dieses Kommando heute noch. Wir rissen die Karabiner hoch und befolgten den Befehl. Dann begann ein stundenlanger Marsch zur Grenze. Es dufte nicht gesprochen und jegliches Klappern der Ausrüstung mußte vermieden werden. Etwa 2.00 Uhr morgens lagen wir vor dem russischen Stacheldraht. Pioniere schnitten Löcher hinein. Gegen 3.00 Uhr dröhnten deutsche Kampfflugzeuge über uns gen Osten.

Meine Kompanie hatte Befehl, eine vor uns liegende Höhe, auf der eine kleine Ortschaft lag, zu erstürmen. Unser Angriff begann kurz nach 3.00 Uhr. Die Divisionsartillerie legte Feuer auf die Ortschaft. Nach und nach entwickelte sich jedoch ein stundenlanges Infanteriegefecht „1. Klasse“. Die Russen, teilweise hemdsärmelig an ihren Waffen, schossen von allen Seiten auf uns. Wir konnten den Kopf nicht mehr hochnehmen. Erst nach etwa 5 Stunden hatten wir die Höhe erobert. Hauptmann Engelhardt war am Hals verwundet ausgeschieden, ebenfalls verwundet war Hauptmann Wacker, der VB unserer Artillerie. Der Batteriechef selbst hatte es sich nicht nehmen lassen, die Aufgabe des Vorgeschobenen Beobachters zu übernehmen. Eine weitere Anzahl Unteroffiziere und Soldaten meiner Kompanie war verwundet oder gefallen. Die Russen hatten sich abgesetzt. Sie waren auf unseren Angriff nicht vorbereitet.

Unsere motorisierten Truppen, die Panzer und Panzergrenadiere, waren an der Höhe vorbei vorgestoßen. Mein kleines Häuflein hockte nun auf der Höhe beieinander - nicht im Siegestaumel - nein, teils mit Tränen in den Augen, die erste Zigarette rauchend. Mein Unteroffizier und Gruppenführer war gefallen, ich mußte übernehmen. Plötzlich sagte ein Kamerad zu mir: „Dir läuft das Glysantin aus Deiner oberen Rocktasche!“ Beim genauen Hinsehen waren mir an beiden oberen Rocktaschen die Knöpfe abgeschossen und die Rocktaschen zerfetzt. Ein Infanteriegeschoß mußte mich, beziehungsweise meine Taschen, von der Seite kommend erwischt haben. Man kann an so viel Glück kaum glauben, aber es war so.

Das war meine „Feuertaufe“. Sie hat mich geprägt für die folgenden Jahre als Infanterist in dem Glauben an eine übergeordnete, schützende Macht, die mir Mut und Tapferkeit, besonders aber die kameradschaftliche Verbundenheit mit meinen Soldaten brachte.

..."

 

Georg Bleher wurde am 4. Februar 1919 in Langenau bei Ulm an der Donau als Sohn eines Reichsbahnbeamten geboren. Nach dem Besuch der Volksschule und anschließend der Handelsschule beendete er eine Ausbildung zum Industriekaufmann.

Am 1. April 1939 begann er seine Dienstzeit im Reichsarbeitsdienst am Westwall, die im März 1940 endete. Am 18. Juni 1940 erhielt Bleher seine Einberufung in die Wehrmacht und er kam nach der Grundausbildung zur 3. Kompanie des Infanterieregiments 34. Dieses Regiment gehörte zur 35. Infanteriedivision und lag nach dem siegreichen Ende des Westfeldzuges in Holland und später in Belgien. Am 1. Dezember 1940 wurde Georg Bleher zum Gefreiten befördert und zugleich zum Hilfsausbilder und stellvertretenden Gruppenführer ernannt.

Im Frühjahr 1941 verlegte das Infanterieregiment 34 nach Ostpreußen in den Suwalki-Zipfel. Der 22. Juni 1941, der erste Tag des Krieges gegen die Sowjetunion, brachte für Bleher den ersten Einsatz als Infanterist in vorderster Linie. Bedingt durch den Ausfall des Gruppenführers mußte er bereits an diesem Tag zum ersten Mal Verantwortung für unterstellte Soldaten übernehmen.

In den Vormarschkämpfen erlitt er im August 1941 eine erste Verwundung und Bleher erhielt dafür am 15. September 1941 das Verwundetenabzeichen in Schwarz. Nach einem kurzen Aufenthalt in einem rückwärtigen Lazarett in Warschau war er jedoch bald wieder bei der Truppe und er warb sich das Eiserne Kreuz II. Klasse, welches ihm am 20. Oktober 1941 verliehen wurde. Es folgten die Kämpfe bei Smolensk und die Kesselschlacht von Wjasma. Während des Vormarsches auf die sowjetische Hauptstadt erhielt Bleher am 1. Dezember 1941 die Beförderung zum Unteroffizier.

Am 4. Dezember 1941 kam der deutsche Vormarsch vor den Toren von Moskau endgültig zum Stehen. Es folgte der Rückzug und die schweren Winterkämpfe unter unvorstellbaren Bedingungen. Im März 1942 wurde Georg Bleher erneut verwundet und erlitt zudem schwere Erfrierungen, es drohte ihm die Amputation beider Hände. Bleher konnte dies jedoch verhindern. Er kam über Gshatsk und Warschau in ein Militärhospital nach Ulm, wo er sich von seinen Verletzungen und Erfrierungen wieder erholen konnte. Am 8. April 1942 erhielt er das Verwundetenabzeichen in Silber.

Als Bleher im Spätsommer 1942 wieder zum Infanterieregiment 34 zurückkam, wurde er noch am gleichen Tag seiner Rückkehr zu einem Spähtrupp eingeteilt, den er entscheidend zum Erfolg führte. Dafür erhielt er am 17. Oktober 1942 das Eiserne Kreuz I. Klasse. Bereits am 12. Juli 1942 war ihm die Ostmedaille verliehen worden.

Es folgten die Absetzbewegungen im Bereich der Heeresgruppe Mitte bis zum Dnjepr. Aufgrund seiner ständigen Bewährung wurde Bleher Kompanietruppführer. Im September 1943 wurde er zu einem Offizierslehrgang an die Kriegsschule nach Dresden kommandiert. Es folgten die Beförderungen zum Fahnenjunker-Unteroffizier am 1. Oktober 1943 und zum Feldwebel-Oberfähnrich am 1. Februar 1944, sowie nach erfolgreichem Abschluß des Lehrgangs die Ernennung zum Leutnant d.R. mit Wirkung zum 1. März 1944.

Mit der Beförderung zum Offizier kam Bleher jedoch anschließend nicht wieder zu seinem alten Regiment zurück, sondern wurde zum Grenadierregiment 358 versetzt. Dieses gehörte zur 205. Infanteriedivision und lag Ende März 1944 im Raum Polozk. Bleher wurde mit der Führung einer Kompanie betraut. Jedoch kurz darauf ernannte ihn der Kommandeur des III. Bataillons zu seinem Adjutanten, später übernahm Bleher diese Funktion im I. Bataillon des GR 358.

Trotz seiner neuen Aufgabe war Bleher weiterhin stets in vorderster Linie zu finden und es erfolgte am 1. August 1944 die Verleihung der längst überfälligen Nahkampfspange in Bronze. Bleher erlebte nun den Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte und die Rückzugskämpfe ins Kurland. Die hier kämpfenden deutschen Verbände wurden im Herbst 1944 abgeschnitten und eingeschlossen.

Am 25. Oktober 1944 erhielt Bleher nun seiner nun insgesamt fünften Verwundung das Verwundetenabzeichen in Gold und am 1. Januar 1945 erfolgte die Beförderung zum Oberleutnant d.R. Der ständige Einsatz fand dann am 9. März 1945 mit der Verleihung des Deutschen Kreuzes in Gold die verdiente Anerkennung.

Der Kampf in Kurland wurde zum Stellungskrieg, in der Literatur bekannt als die großen Kurlandschlachten. Am 23. März 1945 trat das I. Bataillon des Grenadierregiment 358 an, um einen Einbruch der russischen Truppen zu begradigen. Bereits in den ersten Minuten fiel der Bataillonskommandeur. Es war bereits der dritte Kommandeur, der direkt an der Seite von Bleher tödlich getroffen wurde. Bleher, als Adjutant immer an der Seite des Kommandeurs, war auch bei der Einsatzbesprechung anwesend gewesen, die dem Angriff vorausgegangen war. Er übernahm nun auf eigenen Entschluß die Führung des Bataillons und führte den Angriff erfolgreich zu Ende. Dabei erhielt er jedoch einen Durchschuß durch den linken Ellenbogen. Diese 6. Verwundung bedeutete für ihn das Ende seines Einsatzes an der Ostfront.

Nach der Versorgung seiner Wunde schlug sich Bleher nach Libau durch und gelangte über die Ostsee nach Swinemünde. Von das aus ging es weiter im Eisenbahntransport nach Hamburg und anschließend nach Süddeutschland ins Lazarett nach Ravensburg. Von der Verleihung des Ritterkreuzes am 6. Mai 1945, welches er für den erfolgreichen Gegenstoß, der zur Einkesselung und Vernichtung der 8. russischen Gardedivision wesentlich beitrug, erhielt, erfuhr Bleher erst Jahre nach Kriegsende.

Die letzten Wochen des Krieges verbrachte er im Lazarett Ravensburg. Bleher hatte großen Anteil an der kampflosen Übergabe der Stadt an die Franzosen, die dadurch vor erheblichen Kriegsschäden bewahrt wurde. Dies schützte Bleher jedoch nicht vor der Kriegsgefangenschaft. Im Juni 1945, die Verwundung war weitgehend verheilt, folgte der Transport nach Frankreich in ein Offizierslager. Hier war es besonders der Hunger, der in den folgenden Monate viele Opfer unter den deutschen Gefangenen forderte. Erst am 13. Juni 1947 wurde Georg Bleher wieder in die Heimat entlassen.

Ins junge Nachkriegsdeutschland zurückgekehrt, baute sich Bleher eine wirtschaftliche Existenz auf. Nach einem sehr ereignisreichen und erfüllten Leben verstarb er am 25. Februar 2013.

 

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